Frank Bodmer

Diskrepanzen bei der Arbeitszeit von Schweizer Vollzeitbeschäftigten

vom 29.1.2024 (pdf)

Schweizer Vollzeiterwerbstätige weisen eine im europäischen Vergleich hohe Wochenarbeitszeit aus. Um wie viel höher sie genau ist, bleibt allerdings unklar, da bei den vorhandenen Schätzungen grosse Unterschiede bestehen. Für die Schweiz weisen Eurostat und BfS sowohl die üblichen als auch die effektiven Arbeitsstunden aus, wobei die üblichen Arbeitsstunden längerfristige Durchschnitte und die tatsächlichen Arbeitsstunden die in der Befragungswoche geleisteten Arbeitsstunden erfassen sollen. Bei den Zahlen der üblichen Arbeitsstunden besteht zwischen BfS und Eurostat für die Schweiz nur ein kleiner Unterschied, mit 43.3 Stunden bei Eurostat und 42.8 Stunden beim BfS.

Bei den tatsächlichen Arbeitsstunden ist die Diskrepanz dagegen gross, mit 43.2 Stunden bei Eurostat und 40 Stunden beim BfS. Grund für diese Diskrepanz ist eine unterschiedliche Erfassungsmethode. Während bei den Zahlen von Eurostat nur diejenigen Erwerbstätigen berücksichtigt werden, welche in der Befragungswoche anwesend waren, so fliessen beim BfS diese Absenzen in die Berechnung der Arbeitszeit mit ein, was den Durchschnitt natürlich senkt (1).

Kombiniert man die Zahlen zur tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeit mit Zahlen zu Ferien- und Feiertagen, lässt sich die jährliche Jahresarbeitszeit für Vollzeiterwerbstätige schätzen. Während das BfS hier 1832 Stunden ausweist, würden auf Basis der wöchentlichen Arbeitszeit von Eurostat und den gesetzlichen Ferien- und Feiertagen deutlich höhere 2000 Stunden pro Vollzeiterwerbstätigen resultieren. Da die tatsächlichen Ferientage höher ausfallen dürften als das gesetzliche Minimum, ist in Realität mit einer etwas tieferen Zahl zu rechnen. Der Grund für die tiefe Zahl des BfS ist dagegen nicht direkt ersichtlich, nachdem sich die Absenzen in einer Arbeitswoche übers Jahr gesehen eigentlich ausgleichen sollten.

(1) BfS (2023), 2022 wurden in der Schweiz mehr Arbeitsstunden geleistet, Medienmitteilung vom 22.5.2023, Bundesamt für Statistik, Neuenburg.

(2) OECD (2021), OECD Employment Outlook 2021, Navigating the COVID‑19 Crisis and Recovery, OECD Publishing, Paris.


Quelle: BfS, Eurostat, OECD und eigene Berechnungen, siehe Text für Details. 

Männer zwischen 55 und 64 profitieren kaum vom Beschäftigungsboom

vom 15.1.2024 (pdf)

Der Arbeitsmarkt boomt, und viele Branchen können die benötigten Fachkräfte kaum finden. Dies begünstigt die Erwerbstätigkeit von älteren Arbeitnehmenden, für welche sich die Stellensuche traditionell als schwieriger erweist. Insgesamt blieben die Effekte bisher aber bescheiden. So stieg die Erwerbsquote in Vollzeitäquivalenten bei der Gruppe der 55 bis 64-Jährigen von 63.6% im dritten Quartal 2021 auf 64.7% im dritten Quartal 2023. Bei den Frauen stieg sie von 49.5% auf 51%, bei den Männern von 77.5% auf 78.4%. Im Vergleich zu den 1990er-Jahren war bei den Frauen ein massiver Anstieg, bei den Männern dagegen ein leichter Rückgang zu verzeichnen.

Nach dem 55. Altersjahr ist bei den Männern ein deutlicher Rückgang der Erwerbsquote zu beobachten. Liegt diese bei den 55-Jährigen bei rund 92%, so sinkt sie bei 60-Jährigen auf 81% und bei den 64-Jährigen auf noch 47%. Wird dies mit einer durchschnittlichen Erwerbsquote von rund 94% bei den 25 bis 54-Jährigen verglichen, so geht ein grosses Arbeitskräftepotenzial verloren, nämlich rund 175'000 Vollzeitäquivalente für diese 10 Altersjahre.

Quelle: BfS, eigene Berechnungen; ; bis 2009 sind nur Daten für das 2. Quartal vorhanden. Die Erwerbsquote nach Altersjahr wurde auf Basis des Durchschnitts der Jahre von 2018 bis 2020 und dem Quartalswerten für das 3. Quartal 2023 geschätzt. Zudem wurden die Bevölkerungszahlen von 2022 mit einer geschätzten Wachstumsrate für 2023 zugrunde gelegt. 

Steigende Erwerbsbeteiligung bei den Frauen kompensiert Verluste bei den Männern

vom 2.1.2024 (pdf)

Die Erwerbsbeteiligung der Frauen hat seit Beginn des Jahrtausends in den meisten Alterskassen deutlich zugenommen. Ausnahmen stellten die Altersjahre von 19 bis 24 dar, dies aufgrund längerer Ausbildungszeiten. Bei den Männern ist eine gegenteilige Entwicklung zu beobachten, mit den über 60-Jährigen als Ausnahme. Bei den Altersgruppen zwischen 30 und 55 reduzierte sich die durchschnittliche Erwerbsquote von mehr als 100% auf rund 95%. Die Gewinne bei den Frauen konnten die Verluste bei den Männern dabei mehr als kompensieren, und es resultierte insgesamt für praktisch alle Altersjahre eine Zunahme der Erwerbsquote. 

Legt man die Bevölkerungsstruktur der Jahre 2018 bis 2020 zugrunde, so hätte die gesamte Beschäftigung aufgrund der veränderten Erwerbsquoten um rund 160'000 Vollzeitbeschäftigten zugenommen. Einer Zunahme von 265'000 Vollzeitstellen bei den Frauen stand eine Abnahme von 105'000 Stellen bei den Männern gegenüber. In Realität kam natürlich noch das Wachstum aufgrund der Zunahme der Bevölkerung hinzu.

Quelle: BfS, eigene Berechnungen; die Differenz beruht auf dem Vergleich der Beschäftigung in der Periode 2018 bis 2020 zur hypothetischen Beschäftigung bei Erwerbsquoten von 1996 bis 2000 und der Bevölkerungsstruktur von 2018 bis 2020.