Frank Bodmer

Überraschende Zahlen der SNB zu neuen Hypotheken

vom 13.11.2023 (pdf)

Seit einigen Jahren publiziert die Schweizerische Nationalbank (SNB) Zahlen zu den neu vergebenen Hypotheken. Dabei handelt es sich um Hypotheken, welche dem Erwerb oder dem Bau einer Immobilie dienen oder solche, welche einen Kredit bei einer anderen Bank ablösen. Für selbstgenutztes Wohneigentum werden Zahlen zu Quantilen für Marktwert, Belehnungslimit und Einkommen sowie zum Verhältnis von Belehnungslimit und Einkommen publiziert. Gemäss diesen Zahlen lag der Medianwert der Immobilien bei neuen Hypotheken bei rund 950'000 Franken und derjenige der Hypotheken bei rund 650'000 Franken, was einer Belehnung von rund 70% des Marktwertes entspricht. Beim 90%-Quantil liegen diese Werte bei 1.8 und 1.5 Millionen Franken respektive bei 85%. Bei teuren Liegenschaften wäre die Belehnungsgrenze von 80% damit leicht überschritten, was aber aufgrund zusätzlich hinterlegter Sicherheiten gerechtfertigt sein könnte. 

Überraschender sind dagegen die Zahlen zum Einkommen der Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer. Laut den Zahlen der SNB liegt ist das Medianeinkommen dieser Haushalte mit einer neuen Hypothek nur bei rund 115'000 Franken pro Jahr. Damit würde er bereits bei einem kalkulatorischen Zinssatz von 6% die Tragbarkeitsregel zum nötigen Einkommen nur knapp erfüllen, wonach die kalkulatorische Belastung einen Drittel des Einkommens nicht übersteigen darf. Noch schlechter sieht es bei den teureren Immobilien aus. Dort reicht das angegebene Einkommen bereits bei einem Zinssatz von 5% nicht mehr aus. 

Während die Zahlen zu Marktwert und Belehnungslimit plausibel erscheinen, ist das bei den Einkommen der Haushalte mit neuen Hypotheken nicht mehr der Fall. Gemäss den Zahlen der SNB zum Nettoeinkommen vor Steuern würde dieser Medianhaushalt nur leicht mehr als der schweizerische Durchschnittshaushalt verdienen. Gemäss den Zahlen des BfS aus der Haushaltsbudgeterhebung lag das durchschnittliche Nettoeinkommen im Jahre 2020, dem letzten Jahr mit verfügbaren Zahlen, bei rund 106'000 Franken. Eigentlich wäre zu erwarten gewesen, dass Wohneigentümer aus dem oberen Drittel der Einkommensverteilung stammen. Dies wird von Zahlen aus den älteren Verbrauchserhebungen des BfS bestätigt, in denen sich noch entsprechende Zahlen finden (1). 


(1) BfS (2002), Einkommens- und Verbrauchserhebung 1998 (EVE 98): Haushaltseinkommen in der Schweiz, Hauptergebnisse 1998, Bundesamt für Statistik, Neuchâtel 2002.

Quelle: SNB, Zahlen für das 2. Quartal 2023. Das nötige Einkommen stammt aus eigenen Berechnungen, basierend auf den Zahlen der SNB für das Verhältnis von Limite zu Einkommen.

Wohnausgaben von Miet- und Eigentümerhaushalten

vom 30.10.2023 (pdf)

Im Vergleich zur Miete hat Wohneigentum grosse finanzielle Vorteile, zumindest für diejenigen Haushalte, welche ihre Immobilie schon längere Zeit bewohnen und sie noch zu tieferen Preisen erworben haben. Die direkten Ausgaben für Wohnen, das heisst Miete oder Hypothekarzinsen plus Ausgaben für Energie und andere Nebenkosten, betrugen für Eigentümerhaushalte im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2017 nur leicht über 10% des Bruttohaushaltseinkommens, bei den Miethaushalten waren es dagegen fast 20%. Der Unterschied vergrösserte sich seit den Jahren 2006 bis 2008. Der wachsende Unterschied stammte praktisch vollständig von den sinkenden Ausgaben für Eigentümer, der Anteil der Wohnausgaben für Miethaushalte stieg dagegen nur leicht. Die Diskrepanz zwischen Miet- und Eigentümerhaushalten dürfte sich in den Jahren nach 2017 noch vergrössert haben.

Der Anteil der Wohnausgaben am Bruttohaushaltseinkommen sinkt mit steigendem Einkommen, dies sowohl für Miet- als auch für Eigentümerhaushalte. Die relativen Vorteile sind bei der tiefsten und bei der höchsten Einkommensgruppe am grössten. Die relativ grossen Vorteile für Eigentümer in der tiefen Einkommensgruppe dürften auf einen hohen Anteil von Rentnerhaushalten zurückzuführen sein, welche die Immobilie seit langer Zeit bewohnen und eine tiefe Hypothekarverschuldung aufweisen.


Quelle: BfS.

Wohnausgaben in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

vom 16.10.2023 (pdf)

Gemäss den Zahlen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) machen die Wohnausgaben in der Schweiz einen steigenden Anteil der gesamten Ausgaben für den Endkonsum der privaten Haushalte aus, dies ganz im Gegensatz zu den Zahlen der Verbrauchserhebungen. Lag der Anteil der Wohnausgaben gemäss VGR im Jahre 1995 noch bei rund 23 %, stieg er bis 2021 auf über 27 %. Dieser Anstieg stammt vor allem aus den Jahren nach 2007.

Bei den Zahlen der VGR sind neben den Kosten für Mieten, Wasser, Strom und Brennstoffe auch die impliziten Kosten des selbstgenutzten Wohneigentums berücksichtigt, welche für steuerliche Zwecke als Eigenmietwert bezeichnet werden. Diese impliziten Kosten fehlen in den Verbrauchserhebungen, wogegen die Kosten für Hypothekarzinsen dort berücksichtigt sind. Die Zahlen für die impliziten Kosten des selbstgenutzten Wohneigentums werden von den statistischen Ämtern aufgrund der Mieten für vergleichbare Objekte geschätzt. (1)

Gemäss VGR stieg der Preis des Wohnens zwischen 1995 und 2021 um rund 37 %, während das Preisniveau des gesamten Endkonsums nur um rund 8 % stieg. Damit lag der Anstieg der Wohnpreise noch leicht über dem Anstieg des Mietpreisindexes. Die effektiven Kosten des selbstgenutzten Wohneigentums haben sich in dieser Zeit aufgrund sinkender Zinsen dagegen deutlich reduziert, was den Unterschied zu den Verbrauchserhebungen erklärt.

Als Folge des hohen Preisanstiegs lag der Anstieg des realen Endkonsums für Wohnen mit 31 % unter dem Wachstum der realen Gesamtausgaben. Ein alternatives Mass für den Anstieg des realen Wohnkonsums, die gesamte Wohnfläche für den Hauptwohnsitz der in der Schweiz ansässigen Bevölkerung, verzeichnete mit 47 % dagegen einen deutlich höheren Anstieg. Die Zahlen der VGR zu den Wohnausgaben sind damit nur begrenzt mit anderen Zahlen zur Entwicklung des schweizerischen Wohnungsmarktes in Einklang zu bringen. Dabei könnte das Problem durchaus auch beim Mietpreisindex liegen. Es ist auf die gemäss Wüest Partner sinkenden Angebots- und Bestandesmieten zu verweisen, welche in Widerspruch zu den steigenden Durchschnittsmieten des BfS stehen.

 

(1) Manfred Klose und Norbert Schwarz (2019), Wohnungsvermietung in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen – Konzepte, Methoden und Ergebnisse, Statistisches Bundesamt, WISTA 6/2019.

Quelle: BfS, eigene Berechnungen.

Nicht nur Neubauten schaffen neuen Wohnraum

vom 2.10.2023 (pdf)

Trotz hohem Bevölkerungswachstum blieb die gesamtschweizerische Leerwohnungsquote bisher über dem Wert von 1%, welcher im Allgemeinen als Grenze für Wohnungsnot angesehen wird. Dies überrascht nicht zuletzt deshalb, weil der Neubau in den letzten Jahren rückläufig war und mit rund 45'000 neuen Wohnungen pro Jahr eigentlich als nicht ausreichend erscheint, um die zusätzliche Nachfrage zu befriedigen. Oft wird allerdings übersehen, dass der Neubau nur einen Teil des Zuwachses an neuen Wohnungen ausmacht. Ein weiterer Teil des Zuwachses stammt von Umbauten, wogegen Abbrüche und Umbauten auch zu Verlusten führen. Zuletzt nimmt das BfS jährlich eine Korrektur des Bestandes vor, mit welcher die Daten aus verschiedenen Erhebungen abgeglichen werden. Die Neubauten stammen aus der jährlichen Bau- und Wohnbaustatistik, der Wohnungsbestand aus der Gebäude- und Wohnungsstatistik.

Zwischen 2010 und 2021 lag die Veränderung des Wohnungsbestandes in praktisch allen Jahren über dem Zuwachs durch Neubauten. Insgesamt erhöhte sich der Wohnungsbestand in diesen Jahren um rund 610’000 Einheiten, während es bei den Neubauten rund 540’000 Einheiten waren. Seit 2000 erhöhte sich der Wohnungsbestand sogar um rund 1.12 Millionen Einheiten, die Neubauten nur um rund 920'000 Einheiten. Bei der Veränderung des Wohnungsbestandes wurde der höchste Wert bereits 2016 erreicht, während dies beim Neubau erst 2018 der Fall war. Allerdings verzeichnete auch die Veränderung des Wohnungsbestandes einen deutlichen Rückgang. So lag beispielsweise der Zugang im Jahre 2021 um rund 8'000 Einheiten unter demjenigen des Jahres 2018.   

Quelle: eigene Berechnungen auf Basis von Daten des BfS.

Wohnungsmarkt verkraftet hohes Bevölkerungswachstum

vom 25.9.2023 (pdf)

Diesen Sommer überschritt die Schweiz die Schwelle von 9 Millionen Einwohnern. Neben einer ständigen Wohnbevölkerung von rund 6.5 Millionen Schweizerinnen und Schweizern und 2.4 Millionen Ausländerinnen und Ausländern gehören dazu auch rund 100'000 Personen, welche zur nicht-ständigen Bevölkerung gezählt werden. Dabei handelt es sich um Kurzaufenthalter, internationale Funktionäre, Personen im Asylprozess und Schutzbedürftige. Diese Zahl liegt typischerweise bei 70'000 bis 80'000, stieg Ende 2022 aufgrund der vielen Schutzbedürftigen aus der Ukraine aber auf rund 150'000 an. Ende des 2. Quartals 2023 hat sich die Zahl wieder auf rund 100'000 reduziert. Da bei den Asylbewerbenden und Schutzsuchenden nur Personen mit einer Aufenthaltsdauer von weniger als 12 Monaten zur nichtständigen Wohnbevölkerung gezählt werden, war dies mit einem entsprechend hohen Anstieg der ständigen Bevölkerung verbunden. 

Es stellt sich die Frage, welchen Einfluss solche Veränderungen auf den Wohnungsmarkt haben. Personen im Asylprozess werden bis zum Vorliegen eines ersten Entscheides in Asylunterkünften untergebracht und spielen in dieser Zeit für den schweizerischen Wohnungsmarkt keine Rolle. Danach leben sie in Wohnungen, welche von den Gemeinden auf dem Wohnungsmarkt gemietet werden. Oft handelt es sich dabei allerdings um Wohngemeinschaften mit relativ wenig Wohnraum pro Person. Auch bei den Schutzbedürftigen ist die Belegungsdichte oft sehr hoch, falls sie in privaten Wohnungen untergebracht werden. Diese Personen erhöhen damit zwar die Nachfrage im Wohnungsmarkt, allerdings weniger stark als die übrige Bevölkerung.

Angesichts des starken Anstiegs der Wohnbevölkerung ist es als positiv zu werten, dass in den meisten Regionen leerstehende Wohnungen nach wie vor in ausreichender Zahl vorhanden sind. Der Schweizer Wohnungsmarkt konnte damit den raschen Anstieg der Bevölkerung um 200'000 Personen verkraften, welcher seit Beginn des Jahres 2022 in nur 18 Monaten stattfand. Sollten die Flüchtlingszahlen weiter steigen, könnte sich dies natürlich schnell ändern. Es müsste dann überlegt werden, welche Möglichkeiten für die Schaffung von Wohnraum in ausreichender Qualität bestehen. Der private Wohnungsbau kann aufgrund langer Planungs- und Bauzeiten nur sehr langsam auf veränderte Marktbedingungen reagieren. Bei einem Ende des Krieges in der Ukraine könnte sich zudem ein rascher Rückgang der Bevölkerung ergeben, was gegen einen massiven Ausbau des privaten Wohnungsangebots spricht. Qualitativ gute temporäre Unterkünfte könnten eine Alternative bieten. Angesichts der Fortschritte beim Bau von Tiny Houses sollte dies eigentlich möglich sein, entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt.

Quelle: eigene Berechnungen auf Basis von Daten des BfS.

Ausreichende Leerstände in den meisten Kantonen

vom 18.9.2023 (pdf)

Die Leerwohnungsziffer verzeichnete 2023 einen weiteren Rückgang auf 1.15, von 1.31 anfangs Juni 2022. Im Jahre 2020 lag sie noch bei 1.72, was allerdings den höchsten Wert seit 1998 darstellte, als sich der Wohnungsmarkt in der Endphase der Krise der 1990er Jahre befand. Gesamtschweizerisch liegt der Anteil der leerstehenden Wohnungen damit nach wie vor über dem Wert von Eins, welcher im Allgemeinen als Grenze für Wohnungsnot angesehen wird. Nun ist oft zu hören, dass der gesamtschweizerische Wert wenig Bedeutung habe, da Kantone mit sehr hohen Leerwohnungsziffern wie Jura für den schweizerischen Wohnungsmarkt zu peripher und zu klein seien. Umgekehrt heisst das allerdings auch, dass die Zahl der leerstehenden Wohnungen eines kleinen Kantons wie dem Jura die gesamtschweizerische Leerwohnungsziffer kaum beeinflussen kaum.

Vergleicht man die kantonalen Leerstandsziffern zwischen 2020 und 2023, so zeigt sich in praktisch allen Kantonen ein Rückgang. Jura und Basel-Stadt sind die einzigen Ausnahmen. Von den grossen Kantonen weisen Waadt und Zürich inzwischen Werte von kleiner als Eins auf, Bern liegt mit 1.33 dagegen deutlich darüber. Und auch in vielen mittelgrossen Kantonen in der Nähe der wirtschaftlichen Zentren liegt die Ziffer immer noch über 1.35, so in Solothurn, Neuenburg, Thurgau, St. Gallen, Aargau und Freiburg. Luzern und Basel-Landschaft erreichen den Wert von Eins nur knapp nicht mehr. Sehr tief ist die Leerwohnungsziffer in Zug und Genf. In Genf, Zürich und Zug ist die Wohnungssuche inzwischen zwar sehr schwierig, in umliegenden Kantonen besteht aber noch ein ausreichendes Angebot.

In absoluten Zahlen stammen knapp 50% aller leerstehenden Wohnungen aus den fünf Kantonen Bern, Tessin, Aargau, Wallis und Waadt. Zürich folgt erst an fünfter Stelle. Die Hälfte der Kantone (inklusive Basel-Landschaft) steuert damit 87% aller leerstehenden Wohnungen bei, während die übrigen zahlenmässig kaum eine Rolle spielen. Bei den absoluten Zahlen sind Zürich und Waadt aufgrund ihrer Grösse damit nach wie vor wichtig. Ein Grossteil der leerstehenden Wohnungen stammt aber aus Kantonen des Mittellandes und der Ostschweiz mit überdurchschnittlich hohen Leerstandsziffern.

Quelle: eigene Berechnungen auf Basis von Daten des BfS.

Entspannung bei der Hypothekarverschuldung

vom 11.9.2023 (pdf)

Die Hypothekarverschuldung der schweizerischen Haushalte verzeichnete einen stetigen Anstieg, seit entsprechende Statistiken vorliegen. Dieser Anstieg setzte sich zwar auch in den letzten Jahren fort, verlangsamte sich aber deutlich. Insbesondere sank die Hypothekarverschuldung im Verhältnis zum BIP von einem Spitzenwert von 125% im Jahre 2020 auf aktuell noch 118%. Strenge Anforderungen bei der Vergabe von Hypotheken und hohe Immobilienpreise zeigen ihre Wirkung. Die gleichen Faktoren sind auch für den Rückgang der Wohneigentumsquote verantwortlich, welche seit 2015 rückläufig ist. Das Wachstum der an die übrigen Schuldner vergebenen Hypotheken hat sich in den letzten Jahren ebenfalls etwas verlangsamt und lag ungefähr gleichauf mit dem Wachstum des BIP.

Ein noch stärkerer Rückgang resultiert, wenn die ausstehenden Hypotheken an Privathaushalte mit dem Wert der von Haushalten gehaltenen Immobilien verglichen wird. Aufgrund tiefer Immobilienpreise wurde der Höhepunkt hier bereits 2003 erreicht und ist aufgrund der stark gestiegenen Immobilienpreise seither rückläufig. Ende 2022 lag dieser Wert noch bei etwa 35%. Im Durchschnitt besteht dabei kaum eine Gefahr für die grundpfandgesicherten Darlehen, die dafür nötige Preiskorrektur müsste massiv ausfallen. In Einzelfällen kann das natürlich anders aussehen.

Quelle: eigene Berechnungen auf Basis von Daten der SNB.

Nominale oder reale Preise als Krisenindikatoren für den Wohnungsmarkt?

vom 4.9.2023 (pdf)

Die Preise für Wohnimmobilien haben bisher auch in diesem Jahr ihren Anstieg fortgesetzt. Allerdings fanden diese Preiserhöhungen vor dem Hintergrund allgemein steigender Güterpreise statt und können deshalb nicht direkt mit den Wertsteigerungen der letzten Jahre verglichen werden, als die Güterpreise kaum stiegen und in manchen Jahren sogar sanken. Damit stellt sich die Frage, ob die nominalen oder die um den Anstieg der Güterpreise korrigierten Immobilienpreise die besseren Indikatoren sind, um den Beginn einer Krise zu identifizieren. In den Medien stehen die nominalen Preise im Zentrum. Aus Sicht der ökonomischen Theorie sind dagegen die relativen oder realen Preise relevant.

In den beiden Krisenphasen der letzten 50 Jahre sanken die nominalen und die realen Preise von Wohnimmobilien. Allerdings sanken sowohl in den 1970er Jahren als auch in den 1990 Jahren die realen Preise von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen jeweils ein bis zwei Jahre früher als die nominalen Preise. Zudem war der Preiszerfall ausgeprägter. Dagegen wiesen die realen Preise auch im Jahr 1982 einen Rückgang auf, ohne dass es danach zu einer Krise kam. Aus empirischer Sicht ist die Evidenz deshalb gemischt, und weder reale noch nominale Preise sind die eindeutig besseren Indikatoren zur Bestimmung des Beginns einer Immobilienkrise.

Quelle: eigene Berechnungen auf Basis von Daten des BfS.

Knapp die Hälfte aller Neubauten in nur vier Kantonen

vom 10.7.2023 (pdf)

Parallel zu einem kräftigen Wachstum der Bevölkerung wuchs der Bestand an Wohnungen in den letzten Jahren stark an. Ein schweizweiter Mangel an Wohnraum konnte so vermieden werden. Das Wachstum der Wohnungen war in den Kantonen ohne grosse städtische Zentren am höchsten. Vor allen in der Innerschweiz und in den grösseren Kantonen von Espace Mittelland und Ostschweiz waren die Wachstumsraten zwischen 2010 und 2021, dem letzten Jahr mit verfügbaren Daten, hoch. Waadt und Zürich waren die einzigen Kantone mit grossen städtischen Zentren, welche das schweizerische Mittel übertrafen. Genf fand sich dagegen an sechst-letzter Stelle. Bern, bevölkerungsmässig der zweitgrösste Kanton, lag an dritt-letzter Stelle und Basel-Stadt sogar am Schluss. 

Während die Wachstumsraten in kleineren Kantonen oft höher waren, so stammte der überwiegende Teil des Wachstums doch von einigen wenigen Kantonen. Zwischen 2010 und 2021 trug der Kanton Zürich knapp einen Fünftel an die Neubauten und einen Viertel an das Bevölkerungswachstum der Schweiz bei. Es folgen Waadt und Aargau mit jeweils etwas mehr als 10% und erst danach Bern. Diese vier Kantone tragen zusammen knapp die Hälfte an den Neubau und mehr als die Hälfte an die Zunahme der Bevölkerung bei.

Die Entwicklung der Neubauten folgte grob derjenigen der Bevölkerung, allerdings mit erheblichen Abweichungen. So war der Anteil der Neubauten des Kantons Zürich deutlich kleiner als sein Anteil am Bevölkerungszuwachs. Ähnliches gilt für Waadt, Aargau, Freiburg und Genf. In anderen Kantonen überstieg der Zuwachs der Neubauten dagegen denjenigen der Bevölkerung. Am ausgeprägtesten war dies in stark vom Tourismus und von Zweitwohnungen geprägten Kantonen wie dem Tessin oder Graubünden der Fall.

Quelle: eigene Berechnungen auf Basis von Daten des BfS.

Wohnungsnot, trotz 60'000 leerer Wohnungen?

vom 11.5.2023 (pdf)

Die Angst vor Wohnungsnot geht um. Berichte über lange Wartelisten für Wohnungen in der Stadt Zürich gibt schon seit vielen Jahren. Letztes Jahr kam die sinkende Zahl der leerstehenden Wohnungen in der ganzen Schweiz hinzu. Es wird befürchtet, dass sich das lange Zeit auf Zürich und einige weitere Städte begrenzte Problem auf die ganze Schweiz ausweiten könnte. Dagegen spricht aber ein nach wie vor hoher Bestand an leerstehenden Wohnungen.

Letzten Sommer standen noch über 61'000 Einheiten leer. In zwei Jahren fiel diese Zahl zwar um 17'000 Wohnungen, von einem historischen Höchststand von 78'000 Wohnungen, mit anderen Worten um rund 20%. In mietrechtlichen Fragen wird in der Regel bei einer Leerwohnungsziffer von weniger als Eins von Wohnungsnot gesprochen. Das würde knapp 50'000 leeren Wohnungen entsprechen, womit noch eine Reserve von rund 15'000 Einheiten vorhanden wäre. Dazu ist allerdings anzumerken, dass eine Leerwohnungsziffer von Eins im historischen Vergleich immer noch hoch ist. Babyboomern könnten die 1980er Jahre in Erinnerung sein, mit Leerwohnungsziffern im Bereich von 0.5, als die Wohnungssuche zu einer äusserst frustrierenden Erfahrung werden konnte.

Würde der Neubau ganz versiegen, wäre der Leerstand zwar in etwas mehr als einem Jahr aufgebraucht. Pro Jahr werden in der Schweiz nämlich rund 45'000 neue Wohnungen gebaut. Auch diese Zahl war in den letzten Jahren rückläufig, was die Angst vor Wohnungsnot verstärkt hat. Allerdings lag die Zahl der neuen Wohnungen auch 2021 nur leicht unter dem Zuwachs der Haushalte, einem einfachen Indikator für das Wachstum der Nachfrage, wobei neuere Zahlen leider noch nicht verfügbar sind. Insbesondere fehlt die Auswirkung der Zuwanderung aus der Ukraine, welche sich bei Leerwohnungszahlen bereits gezeigt haben könnte.

Der Rückgang bei den Neubauten erscheint damit nicht als dramatisch. Zahlen für die Baubewilligungen deuten für die nähere Zukunft nicht auf einen deutlichen Rückgang der Neubauten hin.[1]Und auch die Ökonomen der Credit Suisse erwarten für die Jahre 2020 bis 2024 ein kumuliertes Defizit von nur rund 15'000 Wohnungen.[2] Damit könnte in den nächsten Jahren mit einem weiterhin befriedigenden Funktionieren des Wohnungsmarktes gerechnet werden. Bei einer neuen Flüchtlingskrise könnte sich das allerdings schnell ändern.


[1] Baublatt (2022), Ausblick 2022: Experten zu möglichen Entwicklungen wichtiger Segmente, Baublatt vom 7.1.2022.

[2] Credit Suisse (2023), Im Zeichen von Zinswende und Knappheit, Schweizer Immobilienmarkt 2023, Zürich, Credit Suisse AG, März 2023: Abbildung 20. 

Quelle: eigene Berechnungen auf Basis von Daten des BfS.

Der schweizerische Immobilienmarkt –noch florierend dank oder trotz Regulierung und Finanzausnahmezustand?

von Jörg Baumberger und Frank Bodmer

Herausgegeben von Pensimo Management AG, April 2016 (pdf)

Das Diskussionspapier beleuchtet den Immobilienbereich der schweizerischen Volkswirtschaft. Ziel ist dabei nicht die For­mulierung von Prognosen, sondern in erster Linie die Vermittlung von Einblicken in die Kontingenzen der verschiedenen Teil-Märkte und die Bereinigung einiger po­pulärer Fehlannahmen und Fehlschlüsse. 

Wohneigentum und Besteuerung: 

Eine ökonomische Analyse der Vorlagen zur Reform der Wohneigentumsbesteuerung

Universität Basel, Manuskript vom 8.7.2011 (pdf)

Die Studie gibt einen Überblick zum schweizerischen System der Wohneigentumsbesteuerung und legt Schätzungen für die Auswirkungen mit einem einfachen Simulationsmodell vor. Im schweizerischen System der Einkommensbesteuerung wird das Wohneigentum grundsätzlich wie andere Vermögenswerte behandelt. Das Naturaleinkommen aus dem Wohneigentum, der so genannte Eigenmietwert, wird als Einkommen besteuert. Im Gegenzug können die Fremdkapitalzinsen und die Unterhaltskosten als Abzüge geltend gemacht werden. Selbstbewohntes Wohneigentum wird damit auch gleich behandelt wie vermietetes Wohneigentum. Allerdings besteht in der Praxis eine klare steuerliche Begünstigung der Eigennutzung gegenüber der Vermietung: der Eigenmietwert muss nur zu 70% versteuert werden. Zudem dürften die effektiven Schätzwerte der Immobilien und damit auch die Eigenmietwerte in vielen Kantonen unter den Marktwerten liegen.

Obwohl die Behandlung gut in das übrige System der schweizerischen Einkommensbesteuerung passt, kommt es immer wieder zu Versuchen das System zu reformieren. Viele Steuerpflichtige verstehen nicht, weshalb sie den Eigenmietwert versteuern müssen, nachdem dieser kein Geldeinkommen darstellt. Die Schätzung des Eigenmietwerts verursacht zudem einen hohen administrativen Aufwand und ist wenig transparent. Ein sauberer Systemwechsel könnte im Durchschnitt über alle Eigentümer gesehen in etwa steuerlich neutral sein, je nach zugrunde gelegtem Hypothekarzins und je nach Höhe der Schätzwerte für die Immobilien. Es würden sich aber erhebliche Verteilungseffekte ergeben. Neuerwerber würden stärker belastet, da sie im aktuellen System aufgrund der hohen Verschuldung höhere Abzüge geltend machen können, Rentner würden dagegen profitieren. Renovationen wären ebenfalls nicht mehr abzugsfähig, weshalb der Anreiz, die Immobilie in Stand zu halten, sinken würde. Nicht zuletzt würde der Anreiz zu einer hohen Verschuldung sinken, ein auch aus Sicht der Finanzmarktstabilität positiver Effekt.